Blue Skies & Cats
Analytische Fotografie von
Jacinthe Lessard (Montreal), Frederick Vidal (Hamburg), Sylvia Döbelt (Leipzig), Yusuke Nishimura (New York)
„Blue sky science“ diese sinnträchtige Formulierung hält die englische Sprache für den Bereich der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften bereit. Die Metapher des blauen Himmels spielt auf eine unbestimmte Offenheit an und ist auch ästhetische Zuschreibung die einen anderen Sinnhorizont öffnet. Die sinnlichen Assoziationen dieser Wendung fassen Wissenschaft und Forschung in ihren Bedingungen noch einmal neu auf.
Die auf Offenes ausgerichteten Erkenntnisbemühungen folgen somit spekulativen Methoden, die ihren Gegenstand nicht allein kognitiv – rational befragen können sondern immer auch mit sinnlichen Verfahren operieren müssen.
Eine solche Wissenschaftspraxis oszilliert zwangsläufig zwischen zwei Polen. Zwischen der grundsätzlichen Offenheit allen Forschens im Sinne des Suchens und der nur in der Grundlagenforschung möglichen Abwesenheit eines expliziten Ziels.
In diesem Horizont vollzieht sich Wissenschaft also weniger als eine Kunst des bestimmten Fragens denn als eine Kunst des auffindenden Suchens.
Dies bleibt nicht folgenlos für den noch unbekannten Gegenstand der Grundlagenforschung. Von ihm geht eine vage Anmutung aus. Seltsame Daten die für seine Anwesenheit sprechen. Seine Strukturen und Grenzen liegen jedoch im Dunkeln. Grundlagenforschung hat es mit epistemischen Dingen zutun, jenen seltsamen Wissensobjekte die, wie Hans-Jörg Rheinberger es beschreibt, sich durch ihr Ungeklärtsein auszeichnen. Gelingt es sie zu klären, ihre Funktionen und Strukturen zu beschreiben, verlieren als epistemische Dinge ihre Wirksamkeit und kristallisieren so in Technologien. Schrödingers Katze mag ein Beispiel für dieses sein, das fotografische Verfahren selbst ein anderes. Beiden gemein ist jedoch ist es dass sie als epistemische Dinge aktualisiert werden können, in dem sie wieder in den Zustand struktureller Unbestimmtheit versetzt und als Wissensobjekte erneut zur Disposition gestellt werden. Die Ausstellung „Blue skies & cats“ versucht mit den Mitteln der analytischen Fotografie eben eine solche Aktualisierung ästhetisch-epistemischer Dinge aus den Beständen einer festgestellten Wirklichkeit heraus.
Text:
Sandra Groll
Blue skies & Cats
27. Juli – 05. August 2012
OPENING: 27. Juli 2012, 19.00 Uhr
Galerie Genscher
Marktstrasse 138
20357 Hamburg