PABLO SCHLUMBERGER

Merry May

04.05.- 01.06.2019

ERÖFFNUNG: 03.05.2019 um 19 Uhr

Für seine raumgreifenden Installationen verwendet der 1990 geborene Künstler Pablo Schlumberger zumeist funktionale Gegenstände des alltäglichen Lebens, die er zu eigenständig erscheinenden Kreisläufen verbindet. Brotkisten, Häkeldeckchen, Rohre, Pumpen ebenso wie von dem Künstler getöpferte Krüge oder surrealistisch anmutende Löffel und Hausschuhe suggerieren in ihren neugewonnenen Konstellationen so vielfach eine Art Eigenleben und spezifischen Charakter. Regenrinnen, die in alten Schuhen statt in einer Regentonne enden, erwecken den Eindruck einer eigens initiierten Symbiose zur Verselbstständigung und changieren zwischen einem melancholischen wie gleichsam trotzigen Ausdruck.

Für seine Ausstellung in der Galerie Genscher hat Schlumberger seine Vorgehensweise insbesondere auf die Produktion von Reliefs konzentriert und gefundene oder selbstgefertigte Zeichnungen, Schnitzereien und Figuren mit Hilfe von Silikonabgüssen in Wachsbilder übertragen. Während in den vorherigen Ausstellungen Massenproduktion und serielle Fertigung von Alltagsgegenständen des 21. Jahrhunderts thematisiert wurden, kommen nun bereits seit dem Mittelalter maschinell produzierte Zinnfiguren in Form von Pilgerabzeichen oder industriell gefertigtes Kunsthandwerk als Vorlagen zum Einsatz. Populäre Motive wie etwa der „Arme Poet“ von Carl Spitzweg, die als Stickmuster oder Wandteller Einzug in Wohnstuben ganzer Generationen gefunden haben, stellen als Reproduktion der Reproduktion – ähnlich der Regenrinne mit Schuh – Fragen von Original und Kopie ad absurdum. Auch die Wachsbilder sind umgeben von einem System aus Pumpen, Schläuchen und Springbrunnen. Ihre Verbindungen und Funktionen bleiben jedoch unbelebt und werden nicht wie zuvor unter Decken und in Körpern verborgen, sodass ihr objekthafter Charakter (wieder) in der Vordergrund rückt. Aufgrund seiner Größe und intimen Atmosphäre dient vielmehr der Ausstellungsraum selbst als geschlossener Körper oder Bauch in dessen Innerem etwas offengelegt wird. In Analogie zu einer gewissen Wirtshausästhetik der ausgestellten Werke kann der Raum dabei auch als Bierbauch und Persiflage auf einen gegenwärtigen Trend sogenannter „Beerbellies“ verstanden werden. Beerbellies sind Bauchatrappen aus Silikon zum umschnallen, befüllen und heimlichen austrinken auf Partys und Konzerten; im Kontext der Ausstellung verweist Funktion und Attitüde von Beerbellies auf eine weitere Facette von Kitsch, Spießbürgertum, Überfluss und Exzess einer Gesellschaft, die sich in ihrer eigenen Komik und Absurdität teils kaum noch selbst zu erkennen vermag.

Rosa Windt

Öffnungszeiten: jeweils Samstag von 15 – 17 Uhr und nach Vereinbarung

Galerie Genscher
Marktstr. 138 / Hinterhof
20357 Hamburg
www.galerie-genscher.com

Mit freundlicher Unterstützung der Behörde für Kultur und Medien Hamburg