27. NOVEMBER 2009, 19 UHR
OPENING: „COMMUNICATION (THE ART OF SELF-EXPRESSION)“
EUNSOOK KIM, NINA WIESNAGROTZKI, LUKASZ FURS

Die Kunst der Kommunikation. Drei Positionen.

Sehr geradlinig, nahezu waagerecht, verlaufen die Linien im EKG eines namenlosen Patienten. Gefunden hat die Künstlerin Nina Wiesnagrotzki das EKG in einem Hamburger Krankenhaus.

Diesem letzten Zeugnis eines bedauerlichen Ereignisses gesellt sich ein Foto von einer Rakete, deren Flugbahn himmelwärts verläuft. Monotones Beep-Geräusch des EKGs Mitten in der Zündungsexplosion des Raketentriebwerkes, Traum von Ikarus und der Challenger-Unfall von 1986, Angst vor dem Unbekannten, Fährfahrt mit einer Rakete über die Styx, Weltraumforschung, Bomben-Ritt in Stanley Kubricks Kult-Film „Dr. Seltsam“ und viele weitere Assoziationen gehen im heillosen Durcheinander durch den Kopf. Die übrigen Bilder-Paare bewegen sich nicht minder heiter zwischen Olymp und Hades – dabei schwingt stets ein Hauch vom frech-ironischen Humor mit. Vermutlich ist das auch die Intention der Künstlerin: Anstelle schnöder Inhaltvermittlung bevorzug sie es, in spielerischer Weise die Nebenpfade der Bildrezeption beim Betrachter zu erforschen – wie ein gutes Buch, bei dem alles zwischen den Zeilen passiert.

Eunsook Kim bedient sich ebenfalls der vielschichtige Verflechtung der Konnotationen, nämlich der ihrer eigenen Wahrnehmung. Die konzeptualistische Künstlerin sammelt Eindrücke aus dem Alltäglichen und stellt Zusammenhänge zwischen ihnen her, die absurder nicht sein können: Die unterschiedlichen Formen der Gebäude im urbanen Umfeld Hamburgs erinnert sie an Hüte. Sie fertigt verkleinerte Modelle von Gebäuden, die sie tatsächlich um den Kopf schnallt, und besucht in dieser bizarren Aufmachung Orte, an denen die architektonischen Pendants ihrer seltsamen Kopfbedeckung zu sehen sind. Diese un-mögliche Begegnungen werden aus perspektivisch irritierendem Blickwinkel fotografisch dokumentiert.

Mit einer verblüffenden Leichtigkeit hebt sie in ihren Arbeiten die vermeintlichen Grenzen zwischen Mode, Architektur, Kunst, Alltag, Performance, Skulptur und Fotografie auf.
Auf eine witzig-charmante Weise macht sie -mit ihren Papp-Gebäuden auf dem Kopf- uns auf die Betonwände in unseren Köpfen aufmerksam.

Einen expliziten architektonischen Bezug haben auch die Arbeiten von Lukasz Furs, allerdings haben wir es bei ihm mit lebensgroßen Installationen zu tun, die er in den Ausstellungsraum hineinbaut. Er hat einen Teil der Ausstellungsfläche vom Rest abgetrennt, indem er eine provisorische Wand hochgezogen hat, die aber auf dem ersten Blick als ein ursprünglicher Bestandteil des Ausstellungsraumes durchgehen könnte… Wären da nicht die kleinen Hinweise und sich selbst entlarvende Spuren, die der Installationskünstler gezielt und wohl kalkuliert herum gestreut hat: Ein kleines Stück von einer Heizung ragt schüchtern und ganz und gar unschuldig aus der Wandecke hervor; die Fugenspuren der Riggips-Platten stellen selbstbewusst zur Schau, dass sie einer ganz anderen Logik folgen als die Muster der Mauermörtel der Backsteine der benachbarten Wände; und die Dübellöcher, die einen eingeschränkten Blick auf die andere Seite ermöglichen. Ein intelligenter Eingriff in den Raum, der im Grunde nichts abtrennt oder versperrt, sondern beide Raum-Bereiche, nämlich vor und hinter der Wand, zur Ausstellung erklärt.

Temporäre kuratorische Leitung der Galerie Genscher, Hamburg, 2009

GALERIE GENSCHER, MARKTSTRASSE 138, 20357 HAMBURG

28.11.09 BIS 30.11.09 14 BIS 20UHR

COMMUNICATION (THE ART OF SELF-EXPRESSION)

COMMUNICATION (THE ART OF SELF-EXPRESSION)

COMMUNICATION (THE ART OF SELF-EXPRESSION)