Jennifer Bennett, Vortrag
25. November 19 Uhr, Genscher Park

Zur Aktualität des erweiterten Kunstbegriffs

Ohne Frage bewegt sich der erweiterte Kunstbegriff seit der Entstehung der Bezeichnung immer weiter auf seine Realisierung zu. Bevor ich mit den Recherchen dazu begann, war ich mir dessen noch nicht so sicher. Beuys auch nicht: Schütze die Flamme. / Denn schützt man die Flamme nicht, / ach eh man’s erachtet, / löscht leicht der Wind das Licht, / das er entfachte. / Brich dann Du / ganz erbärmlich Herz / stumm vor Schmerz.
J.Beuys nach einem Gedicht von Antonio Metastasio

Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi 1698-1782, war ein italienischer Dichter und Librettist, besser bekannt unter seinem Pseudonym Pietro Metastasio (vom Griechischen Metastase, zu deutsch Verschiebung, Veränderung).

Um eine Verschiebung des traditionellen Kunstbegriffs, der das singuläre Kunstwerk auf den Sockel hebt, zum erweiterten Kunstbegriff, der Kunst im erweiterten Sinne mit gesellschaftlicher Gestaltung gleichsetzt, mit neuartigen künstlerischen Äusserungsformen die Grenzen des in sich geschlossenen Kunstbetriebes durchbricht und in die gesellschaftliche Öffentlichkeit drängt, ging es Beuys, wie vor ihm bereits Marcel Duchamp, der auf die Erweiterung und Entgrenzung der Kunst hin arbeitete.

Ein Werk von Joseph Beuys, der seine Skulpturen und Rauminstallationen als Stimulanzien für die Beschäftigung mit seiner Idee von Kunst sah, sorgte in diesem Jahr für Aufregung. Das Kapital Raum 1970– 1977 führte letztlich zur Schliessung der Hallen für neue Kunst in Schaffhausen, eine nun legendäre Institution in der Stadt meiner Herkunft.
Beuys hatte Das Kapital Raum 1970–1977 zusammen mit dem Leiter der Hallen, Urs Raussmüller, als dauerhafte Rauminstallation 1984 in Schaffhausen eingerichtet. Es war eine der letzten von ihm selber eingerichteten Arbeiten, die bis vor kurzem noch im Original zu sehen war und welche seine Beschäftigung der 1970er Jahre zusammenfasste. Ein langjähriger Rechtsstreit endete Anfang diesen Jahres mit einem Urteil, welches die Entfernung der Arbeit aus den Hallen für neue Kunst zur Folge hatte, obschon sich Eva Beuys vehement dagegen aussprach und als Inhaberin des Urheberpersönlichkeitsrechts einer an einem anderen Ort eingerichteten Version den Originalcharakter abspricht. Auch Raussmüller betonte, Beuys habe die Installation in Schaffhausen explizit auf den von ihm geschaffenen Kontext hin entwickelt. Mein Vortrag zum erweiterten Kunstbegriff hätte ursprünglich dort statt finden sollen. Dieser Kontext ist nun Vergangenheit, die Gedankenleistung, um die es Beuys letztlich ging, lässt sich nicht entfernen.

In meinem Vortrag bei Genscher Park soll zuerst geklärt werden, wie eine umfassende Wirklichkeitsgestaltung im Sinne des erweiterten Kunstbegriffs zu verstehen sein könnte und was das neue Museum als gesellschaftspolitisch engagiertes Museum leisten kann. Ich werde aktuelle künstlerische Positionen vorstellen, die den erweiterten Kunstbegriff in ihrer Praxis realisieren und Aktionen, in denen Menschen auf eine Weise aktiv werden, die der sozialen Plastik durch ein kreatives Mitgestalten jedes Individuums an der Gesellschaft und in der Politik entspricht – dem Ziel des erweiterten Kunstbegriffs.

Jennifer Bennett, Vortrag:

Zur Aktualität des erweiterten Kunstbegriffs

25. November 19 Uhr, Genscher Park

Galerie Genscher/Park, Millerntorplatz 27–48, 20359 Hamburg (U3 St. Pauli) am südlichen Eingang zu den Großen Wallanlagen/Planten un Blomen.

Link zum Lageplan hier ->

Mit freundlicher Unterstützung durch die Kulturbehörde Hamburg, in Kooperation mit “Planten un Blomen”.

__________________

Ergänzt am 02.12.2014:

Mit herzlichem Dank an Jennifer Bennett:hier der Vortrag als .pdf !