CLOSER

Eröffnung: 26.10.2012 19h, 27.10 -30.2012 16- 20h

Aus der Ferne betrachtet verbindet Ida Divinzenz, Johannes Flechtenmacher und Samuel Seger bloß eine Musik, die ich beim Schlendern durch den Supermarkt zufällig hörte. Ian Curtis, Dichter von Closer. Joy Division als gemeinsamer Ausgangspunkt. Dichter ans Objekt. Eigentlich ist es doch immer das alte Lied: Ein Gegenstand wird Gegenstand unserer Wahrnehmung. Wir betasten zum Beispiel ein Blatt. Papier. An einem Baum. Und schon stellt sich die Frage, was das eigentlich ist. Naja, ein Blatt eben, niemand macht davon großes Aufheben. Soll man abreißen oder schneiden? Abaschen oder ausdrücken, Blättchen zücken, nächste drehen? Wo ist eigentlich der Aschenbecher? Zerknüllt man schließlich die Seite? Simple Vorkommnisse, ohne Wertigkeit, wenn man sie übergeht.

Durch eine assoziative Betrachtung und eingehende Beschäftigung wird aus dem Blatt etwas anderes, mitunter ein Problem. Den Bogen von der anderen Seite betrachten. Umdrehen. Wendungen vornehmen. Wenden. Wird das Blatt gewendet, steht dies als Pars pro Toto für die Arbeitsweise der Künstlerinnen.

Die Dichte der Ausstellenden zu Gegebenem hat beinahe etwas Spaßiges, Trauriges. Fast nötigt sie einem auf, die Gegenstände zu verändern. Niedergeschlagenheit wenn es nicht klappt – ja bitte. Distanzüberwindung also nicht nur auf der A7. Auseinandersetzungen in der Dreidimensionalität finden bei allen dreien seit etwa sieben Jahren statt. Dichter am Material.

„Closer“, dt.: Passbohle. Das meint Im Baugewerbe ein Verbindungsstück, in der Nähe zu einer anderen Übersetzung: „Riemchen“. In ihrer intensiven Arbeit mit alltäglichen Objekten erzeugen Ida Divinzenz, Johannes Flechtenmacher und Samuel Seger überhaupt erst wieder ein Interesse an der Wirklichkeit. Ein Gemeinplatz heutiger künstlerischer Betätigung. Aber da bleibt man dran.

Nicht zuletzt: Die letzte Ausstellung in der Galerie Genscher. In dieser Form. Der Schließer. The closer. – Sebastian Severin

Bei Ida Divinzenz wird neben Zeichnungen auch deren Untergrund selbst Thema. Ausgehend von der Fläche entstehen raumgreifende Arbeiten, in denen sich die Schwere von Gummi und die Leichtigkeit des Papiers in ihrer Gegensätzlichkeit ergänzen. Der zeitliche Aspekt spielt außerdem in den Ergebnissen immer eine große Rolle. Ida Divinzenz studierte Bildhauerei bei Karin Sander, Inge Mahn und Manfred Pernice. Sie lebt in Wien.

Samuel Seger schafft Zugänge zur Welt über vielfältige Materialien. Das Konzept wird meistens durch bildhauerische Vorgehensweisen in den Raum gebracht, oft in strenger Form. Daneben stehen am Ende auch Videoarbeiten oder die Kombination aus Video und plastischer Arbeit. Zunächst begann Samuel Seger ein Bildauerei-Studium bei Elisabeth Wagner in Kiel und ist jetzt bei Monica Bonvicini in Wien.

Johannes Flechtenmachers Objekte und installativen Arbeiten gehen auf stundenlange Probesessions im Studio zurück. Die Auseinandersetzung mit totem Material gleicht Wachstumsprozessen. Sound und Videos sind mitunter Teil der Installationen. Nach einem Studium bei Elisabeth Wagner wohnt Johannes Flechtenmacher zur Zeit in Dresden, wo er in der Bidlhauerklasse von Eberhard Bosslet eingeschrieben ist.